Am 20. April aktualisierte Professor Dr.Dr.h.c. Paul R.Vogt sein erstes Dossier zu Covid 19. Werner Deisenroth, Herausgeber des Designers Digest hat mit Vogt gesprochen. Und weil Geschriebenes und Gesprochenes wichtig sind, hier in 4585 Wörtern wiedergegeben:

Seit Publikation des Manuskripts und Interviews bei «Der Mittelländischen Zeitung» DMZ hat sich mein Office in ein internationales «Virologie-Zentrum» verwandelt. Nebst über 2000 Leser-Kommentaren per Mail, WhatsApp oder SMS, erhielt ich viele Hinweise von Experten aller Fachrichtungen, so z.B. von Virologen, Immunologen, Statistikern, Epidemiologen oder Infektiologen. Ich bin all’ diesen Experten zu Dank verpflichtet.

Obwohl viele Fragen offenbleiben, kristallisieren sich Möglichkeiten, welche einen Weg aus dieser Krise zeigen und einen Blick in die Zukunft erlauben, z.B. ob uns dieses Virus konstant begleiten oder «bloss» saisonal wiederkehren wird und wie wir uns dagegen wappnen könnten. Ziel muss sein, menschliches Leid ohne weiteren Lock-down zu verhindern.

COVID-19: gefährlich oder nicht – kleine Statistik

COVID-19 ist hoch-infektiös. Wie man in allen Ländern fast identisch beobachten konnte, steigt die kumulierte Zahl der Infizierten ohne Gegenmassnahmen täglich um rund 40%, was einer Verdoppelung der Infizierten alle 2 Tage entspricht oder einer Verhundertfachung pro Woche. Die Infektionsrate ist auch deshalb höher als die bei einer Grippe, weil man bei COVID-19, im Gegensatz zur Grippe, auf keine zuvor Geimpfte trifft.Die durchschnittliche Dunkelziffer der Infizierten liegt je nach Land zwischen 30 bis 90%. Die Sterberate von COVID-19 ist – wie wir aus geschlossenen Populationen (Kreuzfahrtschiffen) wissen – rund 20x höher als die der Grippe.

Der Vergleich der absoluten Zahlen Infizierter und der absoluten Todeszahlen zwischen Ländern oder Kantonen ist Unsinn. Das ist genauso aussagekräftig wie die Behauptung, in den USA hätte es mehr Autos als im Andorra. Damit solche Vergleiche aussagekräftig werden, müssen die Todeszahlen pro 100’000 Einwohner gerechnet werden; und auch die Anzahl Patienten auf den Intensivstationen müssen pro 100’000 Einwohner angegeben werden. Leider steht die Schweiz bei beiden Quoten nicht besonders gut da. Bei den Todeszahlen je 100’000 Einwohner ist man in der «Spitzengruppe» (zusammen mit Italien, Spanien, Frankreich und Grossbritannien). Bei der Zahl der Intensivbetten lediglich im Mittelfeld. Pro Einwohner gibt es in den USA und Deutschland dreimal so viele Intensiv-Betten.

Der Vergleich der Gesamtzahl der Toten mit der Gesamtzahl der Infizierten vom selben Tag ist ebenso falsch. Richtig wäre, die Anzahl Toter heute durch die Anzahl tatsächlich Infizierter (inklusive Dunkelziffer) vor 16 Tagen zu dividieren, denn vom Zeitpunkt des «Infiziert-werdens» bis zum Tod vergehen durchschnittlich 16 Tage. Und darum muss man die Gesamtzahl der Toten mit der Gesamtzahl der Infizierten vor 16 Tagen vergleichen.

Diese Methode heisst «Kaplan Meier Estimator» und wird von allen Lebensversicherungen benutzt. Wieso wurde diese Methode bei der COVID-19 Pandemie bis jetzt nie angewendet? Weil sie eine höhere Todesrate, d.h. die wahre Todesrate ergeben hätte, die man nicht zur Kenntnis nehmen will.

Ältere COVID-19-Patienten haben zwar absolut ein höheres Sterberisiko. Das haben ältere Personen gemäss allgemeinen Sterbetafeln sowieso. Das relative Risiko, wegen COVID-19 zu versterben, ist deshalb in allen Altersgruppen beinahe identisch und entspricht einer Verdoppelung. Bei einem 85-jährigen Mann erhöht COVID-19 die Wahrscheinlichkeit, das nächste Jahr nicht zu erleben, von 8% auf 16%, bei einem 45-Jährigen von 0.13% auf 0.33%, was sogar mehr als einer Verdoppelung entspricht. In jeder Altersgruppe ist das Sterberisiko bei Männern in etwa doppelt so hoch wie bei Frauen.

Die Europäischen Länder haben weder aus China, noch aus Südkorea, Taiwan oder Singapur etwas gelernt. Südkorea, Taiwan und Singapur sind ohne nationalen Lock- down ausgekommen – und haben heute Todeszahlen je 100’000 Einwohner, die einem Bruchteil der unsrigen entsprechen. Zudem verordneten die Europäischen Länder ihren Lock-down zu spät. Nimmt man als Referenzmassstab 0.01 Tote je 100’000 Einwohner, so kann man folgendes sehen:

  • China: Lock-down am 24.01.2020 bei 0.002 Toten je 100’000 Einwohner und damit 3 Tage, bevor 0.01 Tote erreicht wurden;
  • Deutschland: Lock-down    am   03.2020    bei   0.008    Toten    je    100’000 Einwohner und damit 3 Tage, bevor 0.01 Tote erreicht wurden;
  • USA: Lock-down bei 05 Toten je 100’000 Einwohner = 7 Tage nachdem 0.01 Tote erreicht wurden
  • Italien: Lock-down bei 13 Toten je 100’000 Einwohner, 7 Tage, nachdem 0.01 Tote erreicht wurden
  • Schweiz: Lock-down bei 15 Toten je 100’000 Einwohner, 9 Tage, nachdem 0.01 Tote erreicht wurden.

Da die Verspätung in eine Zeit fällt, in der das Virus sich täglich um 40% ausbreitet, bedeutet einen Verspätung um eine Woche eine um einen Faktor 100 höhere Zahl an Infizierten und Toten – eine Hypothek, die man später nicht mehr aufholen kann. Und dabei hatte man 2 Monate Vorlauf, die Ergebnisse aus Wuhan zu studieren.

Den Vorlauf, bzw. die Jahre zuvor, hätte man natürlich auch nützen können, um 800 Millionen Masken (100 pro Person), 800‘000 Tests und genügend Desinfektionsmittel einzulagern, um so zusammen mit anderen Massnahmen einen Lock-down verhindern zu können. Die Kosten dieser Investitionen liegen bei circa 1 bis 1.5 Milliarden und das entspricht gerade mal 1.6% bis 2.5% des 60 Milliarden-schweren Massnahmen-Pakets welches der Bundesrat zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen des Lock-down beschlossen hat und was wo möglich gar nicht reichen wird.

Der realitätsnahe Spielfilm «Contagion» hat 2011 alles einmal durchgespielt. Auch dort fängt alles mit einer Fledermaus in China an. Einige der Virologen, die heute täglich interviewt werden, waren damals im Filmteam als Berater tätig. Und die Politiker im Film redeten wie die Politiker heute („alles im Griff“, „nur eine Grippe“, „das öffentliche Leben muss weitergehen“, „keine Panik“).

Die Pandemie war angekündigt. Die Geheimdienste, zum Beispiel das «National Center for Medical Intelligence» (NCMI) informierten schon Ende November über eine mögliche Pandemie mit einem «cataclysmic effect», d.h. vor einer Katastrophe.

Von den im Influenza-Pandemie Plan Schweiz von 2018 beschriebenen Prinzipien und Massnahmen («Strategien und Massnahmen zur Vorbereitung auf eine Influenza-Pandemie») haben wir nichts gesehen. In den Monaten Dezember bis März wurden unsere Behörden von verschiedenen Seiten mehrfach auf diese Gefahr hingewiesen und aufgefordert «endlich etwas zu tun».

Der Ursprung von COVID-19

Die Herkunft des Virus ist nicht geklärt. Die Aussagen der Virologen gehen in die eine, jene der Politik in die andere Richtung. Die Politik erschöpft sich in Schuldzuweisungen und für gewisse Länder ist es klar: „China war’s“. Dahinter steckt die Absicht, „China dafür zahlen zu lassen“. Oder anders: „China hat uns einen großen finanziellen Schaden zugefügt. Wir sind deshalb berechtigt, unsere Schulden zu annullieren“. Eine Mischung aus Geopolitik und finanziellen Absichten. Der Ton im „Foreign Affairs“ hat sich geändert: „Don’t Count on China to Lift the Global Economy”; “The Pandemic Won’t Make China the World’s Leader”; oder wie es die “Washington Post” formuliert: “State Department cables warned of safety issues at Wuhan lab studying bat coronaviruses”.

Die Virologen sehen das anders. 27 führende Virologen aus 9 Ländern (USA, Europa, Australien) haben im «Lancet», einer renommierten, britischen Medizinzeitschrift einen Artikel verfasst («Statement in support of the scientists, public health professionals and medical professionals of China combatting COVID- 19»). Weil die Aussage von Bedeutung ist, möchte ich sie hier zitieren: «The rapid, open, and transparent sharing of data on this outbreak is now being threatened by rumours and misinformation around itsorigins. We stand together to strongly condemn conspiracy theories suggesting that COVID-19 does not have a natural origin. Scientists frommultiple countries have published and analysed genomes of the causative agent, severe acute respiratory syndrome coronavirus 2 (SARS-CoV-2), and they overwhelmingly conclude that this coronavirus originated in wildlife, as have so many other emerging pathogens.»

Dr. Gunnar Jeremias, der Biowaffen-Experte in der «Interdisziplinären Forschungsgruppe zur Analyse biologischer Risiken an der Universität Hamburg» erteilt «Verschwörungstheoretikern eine Absage: „So etwas kann man im besten Labor der Welt nicht herstellen!”

Die Spannung steigt: ist COVID-19 gar kein Corona-Virus?

Indische und chinesische Forscher berichten, dass COVID-19 ein HIV/Ebola-ähnliches Genom aufweise, welches COVID-19 befähigt, sich 1000-fach stärker an menschliche Zellen zu binden, als das SARS-Coronavirus. Die Inkorporation eines HIV/Ebola-Genoms in das COVID-19 wird jedoch als «bizarre» Mutation bezeichnet und dieses spezifische Genom, welches COVID-19 so infektiös macht, fehlt in allen anderen Corona-Viren, wie z.B. SARS oder MERS. Ob es sich tatsächlich um ein HIV/Ebola- Genomfragment handelt oder nicht ist fraglich, da es in verschiedenen Viren immer wieder Sequenzen mit hoher Similarität gibt.

Die Forschung an Corona- und anderen Viren ist längstens international. Amerikanische Institute sind mit Europäischen und Europäische sind mit Asiatischen Instituten vernetzt und Viren werden untereinander ausgetauscht. Die Ziele dieser Forschung bestehen u.a. darin, Impfstoffe oder Antikörper gegen gefährliche Viren zu finden. Die Idee, «normale» Influenzaviren mit Ebola-Viren zu kreuzen, sind nicht neu und solche Experimente sollten z.B. ab 2008 in Nord-Europäischen Hochsicherheits-Laboren durchgeführt werden. Ferner sind am Erasmus Medical Center in Rotterdam, Niederlande, von Prof. Frank Grosveld 2 Antikörper gegen das SARS-Coronavirus entwickelt worden, welche im Labor auch an COVID-19 andocken, was grosse diagnostische und therapeutische Aussichten bietet. Zurzeit wird daran aktiv im Tierversuch geforscht (nach persönlicher Kommunikation und mit Erlaubnis von Herrn Prof. U.D. Dr. rer. nat. Tobias a. Knoch, Leiter der Arbeitsgruppe Biophysical Genomics, Dept. Cell Biology, Erasmus Medical Center, Rotterdam, Niederlande).

Ich möchte mich hier auf diese Bemerkungen beschränken. Aufklärung tut sicher Not. Biologische Experimente mit gefährlichen Viren fristen in der öffentlichen Wahrnehmung ein Schattendasein, der Druck auf die politischen Akteure ist gering. Dr. Gunnar Jeremias, den ich oben bereits erwähnt hatte, hofft, dass die globale COVID-19-Pandemie wenigstens etwas Gutes hat und zu mehr Transparenz, Öffentlichkeit und damit verbunden, möglicherweise strikteren Regulierungen führt.

Was uns erwartet

Inzwischen dürfte jedermann klar sein, dass das COVID-19 kein normales Grippe- Virus ist. In Deutschland verstarben zwischen 2001 und 2019 5575 Personen an serologisch bestätigter Influenza und/oder Influenza-Subtypen, also durchschnittlich 310 pro Jahr und das bei einer Bevölkerung von rund 82 Millionen (Robert-Koch-Institut: «Bericht zur Epidemiologie der Influenza in Deutschland Saison 2018/2019»). In der Schweiz fielen innerhalb von nur 45 Tagen 1368 Patienten COVID-19 zum Opfer – bei einer 10x kleineren Bevölkerung als sie Deutschland besitzt und trotz eines Lock-down, wenn auch eines inkompletten.

COVID-19 ist kein normales Grippe-Virus und das dürfte durch die neusten genetischen Forschungsresultate auch von Seiten seines Genoms klar sein.

Italienische Experten erwarten nicht, dass COVID-19 wie das SARS-Virus komplett eliminiert werden kann. Die Ausbildung einer Herdenimmunität dürfte zudem viele Monate dauern und auch zu einer erheblichen Zahl vom Toten führen: angenommen es sterben nur 0.25% wären das für die Schweiz bei einer 70%igen Durchseuchungsrate 15’000 und für Deutschland 140’000 Tote.

Welche Szenarien bestehen:

  • COVID-19 bleibt eine saisonal wiederkehrende Infektion mit einer im Vergleich zu Influenza deutlich höheren
  • COVID-19 setzt sich endemisch in der Bevölkerung fest und es kommt immer wieder zu lokalisierten «Ausbrüchen», die identifiziert werden können, ohne jedesmal über einen Lock-down diskutieren zu müssen.
  • COVID-19 setzt sich endemisch in der Bevölkerung fest, aber es gibt eine Impfung, ähnlich derjenigen gegen Hepatitis
  • COVID-19 setzt sich endemisch in der Bevölkerung fest, aber es gibt eine antivirale, medikamentöse Kombinationstherapie ähnlich jener gegen Während HIV lebenslang therapiert werden muss, reicht bei COVID-19 eine 10-tägige «Tripletherapie», deren Komponenten bekannt sind und die sich auch bereits in klinischen Studien befindet. Im Rahmen einer solchen Therapie könnte COVID-19 in eine Krankheit umgewandelt werden, die bei ersten Symptomen mit einem frei verkäuflichen Test, ähnlich einem Schwangerschaftstest, zu Hause diagnostiziert und auf ambulanter Basis mit einer 5- bis 10-tägigen, medikamentösen Therapie behandelt werden kann.
  • COVID-19 verhält sich saisonal und überrennt uns im Herbst in einer mutierten Form: der

Stehen weder Impfung noch Therapie zur Verfügung, wird uns ein im Herbst 2020 wiederkehrendes COVID-19 vor dieselben Probleme stellen, die wir heute erleben. Wir haben Zeit uns darauf vorzubereiten und dieselben Nachlässigkeiten zu vermeiden.

Vorbereitung auf eine neue Welle: Herbst 2020

Nehmen wir an, COVID-19 kehrt im Herbst zurück und wir verfügen nach wie vor weder über eine Impfung, noch über eine definierte, medikamentöse Therapie. Ziel der Pandemie-Bekämpfung muss es dann sein, menschliche Opfer zu vermeiden ohne einen erneuten Lock-down diskutieren zu müssen.

Die wesentlichen und billigen Grundlagen einer solchen Pandemie-Bekämpfung liegen im Masken-Tragen, Desinfektion und Abstandhalten. Diese früh und konsequent durchgeführten Massnahmen können die Verbreitung des Virus aus der Luft und von Oberflächen um bis zu 99% reduzieren, ohne einen Lock-down durchführen zu müssen. Lokale Hot-Spots mit hoher Infektiosität müssten nur kurzfristig selektiv isoliert werden und zwar nach innen und nach aussen (Travel ban; Ausgangssperren).

Diese basalen Massnahmen würden durch breites Testen in Kombination mit Tracking-Infizierter zur Aufspürung von Infektions-Herden ergänzt werden.

Frühzeitiges Erkennen, schnelle Reaktionszeit und hohe Geschwindigkeit in der Umsetzung der Massnahmen entscheiden, wie eine Pandemie verhindert, erstickt oder limitiert werden kann. Die USA und Südkorea meldeten ihren ersten COVID-19-positiven am gleichen Tag. Da die USA die Pandemiegefahr nicht rechtzeitig wahrgenommen haben, zählen sie heute rund 750’000 gemeldete (aber rund 3 Millionen tatsächlich) Infizierte und 40’000 Tote; Südkorea dagegen gemeldete 11’000 Infizierte und 234 Tote; Taiwan 398 Infizierte, 6 Tote und keinen Lock-down. Die Zahlen in den USA und Europa sind umgerechnet auf die Einwohnerzahl bis zu 100mal so hoch wie in den oben genannten asiatischen Ländern.

Wie haben diese Länder das gemacht:

  • National organisierte Antwort anstatt regionalen (kantonalen)
  • Schnelle Fallermittlung, Eindämmung und
  • Untersuchung von Passagieren auf Direktflügen von «hot-spots» auf Fieber und die kardinalen COVID-19-Symptome, bevor sie das Flugzeug verlassen können. Dies wurde in Taiwan noch am gleichen Tag eingeführt, an dem China die WHO informierte (31. Dezember).
  • Dokumentierung der Reisegeschichte der letzten 14 Tage: Überwachung von Personen mit niedrigem Risiko mit einer Regierungs-App; Quarantäne von Personen mit höherem Risiko und/oder mit Symptomen und Überwachung via Mobile-Phone, um den Kontakt mit nicht-Infizierten zu
  • Verpflichtender Download einer Regierungs-App bei der Einreise, welche ein Personen-Tracking
  • Gebührenfreie Hotline, um verdächtige Symptome zu
  • Tägliche Meldung von möglichen COVID-19 Symptomen via Regierungs-App.
  • Sofortige Eigen-Produktion von Test-kits und Masken: Südkorea produzierte mehr als 350’000 Test-Kits und testete mehr als 20’000 Personen pro
  • Neun Tage nach dem ersten COVID-19 Patienten verteile Südkorea mehr als 700’000 Masken an gefährdete Gruppen und Arbeitsplätze.
  • 2 Wochen nach dem ersten COVID-19 Patienten stand ein Test zur Verfügung der die Resultate in 6 Stunden
  • Einen Monat nach dem ersten COVID-19-Fall Installation von «drive-through» Teststellen, die tägliches Testen trotz Abstandhalten
  • Ausgedehnte Test ermöglichten, die Apps mit real-time Daten zu füllen.
  • Definition von designierten Standorten, wo exklusiv Infizierte behandelt
  • Abgabe von       Bargeld       an       Haushalte       unterhalb       des       medianen
  • Verteilung von Nahrungsmitteln («home delivery service») verbunden mit Gesundheitskontrollen von Personen, die unter Quarantäne
  • Zentralisierte Organisation der Abgabe vom Masken mit behördlich-verordneter Preisregulierung: während eine Maske in Südkorea $1.27 kostete, führte die dezentralisierte Organisation der USA zu einem Kampf der einzelnen Staaten untereinander um Masken, was den Preis einer Maske auf $30
  • 10 Tage bevor die WHO «Public Health Emergency of International Concern» ausrief, verfügte Taiwan über 44 Millionen chirurgische Masken, 1.9 Millionen N95 Masken und 1100 Unterdruck-Isolationsräume.
  • Digitale Überwachung mittels anonymer Bluetooth-Signale, welche den Mobile- Phone-Besitzer automatisch warnen, wenn er sich einem Infektions-Herd nähert, um nicht-Infizierte von Infizierten zu
  • Überwachungskameraaufnahmen und Geolokalisierungsdaten, um festzustellen, wer gefährdet ist, sobald eine infizierte Person identifiziert
  • Beruhigung und Aufklärung der Öffentlichkeit bei gleichzeitiger Bekämpfung von Fehlinformationen anstelle täglicher, reisserischer Mitteilung von «Fallzahlen», die weder für die Öffentlichkeit, noch für Experten interpretierbar
  • Tägliche Presse-Briefings eines Epidemiologen mit Angabe von konkreten Verhaltensregeln.

COVID-19: Analyse eines Systemversagens

Eine moderne Gesellschaft funktioniert durch das Ineinandergreifen verschiedener Systeme: Wirtschafts-System, politisches System, Militär, juristisches System, medizinisches System und alle anderen gesellschaftlichen Subsysteme nach Niklas Luhmann. Die Schweiz ist im weltweiten Vergleich ein wohlhabendes Land mit hoher Lebensqualität. Das Land blieb seit Dekaden von Katastrophen verschont und die Fähigkeit, in Notsituationen schnell zu reagieren, scheint etwas abhanden gekommen zu sein.

Im Rahmen eines nationalen Notstandes offenbarten sich die Schwächen der einzelnen Systeme sowie ihrer Kooperation untereinander: schon einen Tag nach dem Lock-down am 16. März jammerte die Wirtschaft; die politischen Entscheidungen fielen aus, kamen zu spät, oder gar nicht; das Militär wurde mobilisiert, aber hatte zum Teil gar nichts zu tun; das juristische System sprach diffus von «Einschränkungen der Menschenrechte», konnte aber keinen Kompass dafür geben, wie das Verhältnis zwischen individueller Freiheit und gesellschaftlicher Pflicht im Rahmen einer Pandemie austariert werden sollte.

Die oberste «Behörde» meines eigenen Berufstandes, die FMH (Federation Medicorum Helveticorum), versagte total. Ich hätte von der Schweizerischen Ärztegesellschaft erwartet, dass sie in dieser Situation eine «medizinische Task Force» einberuft, welche die besten Kräfte unseres Landes anweist, alle weltweit vorhandenen Fakten und jedes mögliche, medizinische Detail zur dieser Pandemie zu sammeln, zu analysieren und diese in einer z.B. 2-täglichen medizinischen Pressekonferenz in konziser Form der Öffentlichkeit zu präsentieren, um diese zu beruhigen. Die gleichzeitige Information der Behörden sollte dazu dienen, ihre Entscheidungen im medizinischen Sinne zu optimieren – schliesslich ist die Pandemie  primär  ein  medizinisches  Problem.  Stattdessen  finde  ich  in  der «Schweizerischen Ärztezeitung» eine 1-seitige Publikation, in der mir eine Juristin Anleitungen geben will, wie ich korrekt Patienten selektioniere. Und das zu einem Zeitpunkt, zu dem diese Fragen angesichts existierender Kapazitäten gar kein Thema war. Und ferner, wie kann es sein, dass einer politischen Behörde, in deren Geschäftsleitung keiner einziger Mediziner sitzt, die täglichen Pressekonferenzen zu einem medizinischen Problem in monopolistischer Art überlassen werden?

COVID-19 offenbarte ein Systemversagen bei den präventiven Massnahmen sowie zu Beginn der Pandemie. Wirtschaft, Politik und Medizin/Wissenschaft haben verschiedene Ziele, welche bei der Prävention und Bewältigung einer Pandemie unter einen Hut gebracht werden müssen. Als schädlich erweist sich die Tatsache, dass die Entscheidungsträger des Westens – im Gegensatz zu China – nie den Ehrgeiz zeigten, die Pandemie zu eliminieren und das Virus zu eradizieren. Wäre uns das geglückt, müssten wir uns jetzt nicht mit den möglichen (Schreckens)Szenarien der nächsten Monate auseinandersetzen. Die oben genannten asiatischen Länder haben gezeigt, wie man die Kurve der kumulativen Todesfälle nach unten drücken kann.

Die Konsum-Gesellschaft als Ganzes liess sich zu leicht auseinander dividieren: in eine «low-risk» Gruppe und in eine Gruppe der «Alten» und «Schwachen» mit ihren Nebendiagnosen, die man besser nicht mehr intubieren sollte, angefangen bei den ü80-Jährigen, gefolgt von den ü75, ü70 und so weiter. Ein älterer Kommentarschreiber hat dies treffend in der kürzest möglichen Form formuliert:

«Gestern noch die am meisten beworbene Konsumgruppe; heute schon Risikogruppe; so schnell kann es gehen…»!

Dazu  gesellte  sich  das  übliche  «Überlegenheitsgefühl»  des  Westens  mit  seinen

«besten Gesundheitswesen der Welt». Wir reden nur noch von Globalisierung, Big Data, Digitalisierung und künstlicher Intelligenz und schauen ins Silicon Valley. Dabei haben wir verpasst, dass gewisse Länder in Asien fortschrittlicher sind und eine Pandemie um Welten effektiver zu managen wissen. Die allgemeine Sterblichkeit in Südkorea ist 20% niedriger als in der Schweiz und dies bei nahezu identischem Altersdurchschnitt. Ja, initial war diese «Epidemie» weit weg, dachten wir. Und uns, «die Guten» wird es mit Bestimmtheit nicht treffen; es trifft nur «die Bösen».

Ich hoffe, wir werden im Rahmen des Lock-down besser aufpassen und auch einmal diese Länder beobachten, welche dank professioneller Vorbereitung nur wenige Tote zu beklagen haben und sogar einen Lock-down vermeiden konnten.

Aufhebung des Lock-down

Die Aufhebung des Lock-down ist per se unvermeidlich. Wirtschaft hin oder her. Aber wir sind gewarnt: im Rahmen der Lockerung ihrer Massnahmen erlebten sogar Länder wie Singapur und Südkorea einen zweite Welle. Jeder Lockerungs- Schritt muss von einem genauen Monitoring begleitet werden: entscheidend sind die Anzahl Hospitalisierter pro 100’000 Einwohner und die Anzahl Patienten auf den Intensivstationen pro 100’000 Einwohner. Steigt die Anzahl hospitalisierter Patienten schon mit dem ersten Schritt aus dem Lock-down an, müssen konsequent jene Massnahmen eingeführt werden, welche die Übertragung des Virus zu 99% vermeiden: Masken, Desinfektionsmittel und Abstandhalten: ohne Kontakt keine Ansteckung! Eine breitere Testung der Bevölkerung macht nur Sinn, wenn alle Bürger innerhalb von zwei Tagen getestet werden könnten, denn nur das gibt ein momentanes, epidemiologisches Bild, welches weiterhilft. Die technischen Möglichkeiten einer ultra-schnellen Massentestung sind vorhanden. Die zeitraubende Testung einer jeweils kleineren Anzahl von Personen macht nur Sinn, wenn eine digitale Überwachungstechnik vorliegt, die mit diesen Daten gefüttert werdenkann.

Können wir diese Pandemie nicht ersticken und stehen weder Impfung noch medikamentöse Therapie zur Verfügung, sollte die Gesellschaft die vorübergehende Einschränkung der persönlichen Freiheit zugunsten des gesamt-gesellschaftlichen Wohls akzeptieren; und auch, um damit einen weiteren Lock-down zu verhindern. Sollte es so weit kommen, gehe ich davon aus, dass die stabile Demokratie der Schweiz es schafft, Überwachungsmassnahmen, welche in einer Notsituation eingeführt worden sind, auch wieder zu stoppen.

Die Pandemie hat die Schweiz hart getroffen und unser Land befindet sich mit Spanien, Italien, Frankreich und England bei den fünf Nationen mit der grössten Anzahl Todesfälle pro 100’000 Einwohner. Die Pandemie ist noch nicht bewältigt und wir wissen nicht, was in den nächsten Monaten noch auf uns zukommen wird, zumal Mutationen oder weitere Vermischungen mit anderen Viren ja erst durch dieVerbreitung entstehen und selektiert, d.h. letztlich gezüchtet werden. Insofern ist eine radikale Verhinderung der Verbreitung auch die beste Prävention vor der Entstehung neuer Corona-Varianten.

Zudem gilt es Langzeitschäden einer überstandenen COVID-19-Infektion zu vermeiden. Erste Fallberichte und kleine Patienten-Serien zeigen, dass diese weitaus schwerwiegender sein können als nach einer Infektion mit dem SARS- Coronavirus, da sie aufgrund von Mikrothrombosen in den kleinen Lungenvenen zu einem teilweisen Funktionsausfall der Lunge mit Lungenhochdruck und nachfolgender Herzschwäche führen – eine chronische Erkrankungen mit wenig therapeutischen Möglichkeiten und entsprechend hohenFolgekosten.

Die Tatsache, dass ein Corona-Virus möglicherweise ein HIV/Ebola-Genom enthält – z.B. durch Einkreuzung bei der Infektion eines HIV/Ebola-positiven Patienten durch COVID-19 und anschliessender Weiterverbreitung – sollte Warnung genug sein. Sollte eines Tages ein Super-bug entstehen, der das «Corona-Genom der schnellen Verbreitung» mit dem «Ebola-Genom der 90%igen Sterberate» kombiniert, sollten wir über ein fortschrittliches, interdisziplinäres Pandemie-Konzept verfügen, welches auch wirklich funktioniert.

Interview:

1. Was hat der Artikel in der Mittelländischen ausgelöst, welche Reaktionen sind bis zu Ihnen persönlich vorgedrungen?

Seit der Publikation des Manuskriptes bei Ihnen bin ich mit Repliken überflutet worden: per sms, Whatsapp, e-Mail oder per Telefon. Viele haben das Manuskript weiter verteilt. Bis jetzt habe ich keine negativen Kommentare erhalten. Die Grundstimmung der Antworten: ein Aufatmen! Ich bin erstaunt, dass viele Leser schrieben, sie hätten zum ersten Mal erfahren, was eigentlich die Fakten zu dieser Pandemie seien! Und natürlich erwarten die Leute Antworten von unserer Regierung: was wurde nach dem 31. Dezember veranlasst, als die chinesische Regierung die WHO informierte? Und was wurde nach dem 30. Januar veranlasst, als die WHO dieses Ereignis weltweit offiziell als «public health emergency of international concern» bezeichnete und entsprechend warnte?

Vielen sind die möglichen ökonomischen Konsequenzen dieses «Lock-down» eine grosse Sorge. Einerseits sind sie mit einer «Öffnung», welche keine Rücksicht auf möglicherweise neue Krankheitsfälle nimmt, nicht einverstanden; auf der anderen Seite fürchten sie finanziellen Konsequenzen.

Überrascht hat mich, dass viele unsere Demokratie in Gefahr sehen – etwas, das wir üblicherweise anderen Ländern vorwerfen, indem wir sie verdächtigen, unter dem Deckmantel der Pandemie-Bekämpfung die Bürgerrechte einzuschränken. Ein Leser wurde konkret, indem er schrieb: «Unsere Regierung hat es geschafft, dass wir uns alle freiwillig einsperren. Nachrichten zur Krise werden jeden Abend von der täglichen Pressekonferenz des Bundes vermittelt. Inhalt: diffus, nicht nachvollziehbar, kein Plan. Unverständlich, dass unsere Presse einerseits unsere Regierung lobt, andererseits konstant andere Länder kritisiert, welche niedrigere Infektionsraten haben als wir!

Sollen wir dadurch abgelenkt werden?». Die direkte Demokratie wurde quasi stillgelegt, meinten viele. Meine Antwort war: das war auch ein Zweck meines Vorstosses: unsere direkte Demokratie wieder anzustossen, die ich notabene sehr schätze.

2. Was Sie zu diesem Bericht motiviert hat, haben Sie ausführlich erklärt. Hatten Sie beim Verfassen auch Angst, dass es Ihnen und Ihrem Ruf schaden könnte?

Nein. Ich fühle mich nicht meinem Ruf verpflichtet, sondern den Tatsachen. Zudem bin ich mir bei aller Kritik an der Schweiz bewusst, dass es hier, in meinem Heimatland möglich ist, Dinge zu sagen, die nicht populär sein mögen, die aber gesagt werden müssen.

3. Der Artikel wird grösstenteils sehr positiv aufgenommen, nur wenige sprechen in den Kommentaren von Polemik und Emotionen in Ihrem Artikel. Was sagen Sie diesenMenschen?

Ich will hier als einerseits als Arzt und andererseits als Bürger antworten. Wenn ich angesichts der 2000 Hospitalisationen und 600 Toten alleine im Monat März, angesichts so vieler Patienten, die auf der Intensivstation intubiert in Bauchlage um ihr Leben kämpfen, keine Emotionen mehr verspüre, hänge ich meinen Beruf umgehend an den Nagel. Was die Polemik betrifft: mit einem weichgespülten Artikel, welcher nur von «political correctness trieft» und die Fakten verschleiert, erreicht man heutzutage gar nichts. Entweder will ich etwas erreichen und wenn nicht, brauch’ ich auch nichts zu schreiben.

4. Sicherlich sind bei Ihnen bereits Medienhäuser vorstellig geworden, die nun auf Ihren Zug aufspringen wollen?

Natürlich. Aber keine Angst. Ich will – wie es schon der Deutsche Virologe Christian Drosten gesagt hat – kein Medien- oder Fernseh-Professor werden. Dafür hab’ ich meinen Beruf zu gern und der lässt so was zeitlich auch nicht zu. Es war mir wichtig, etwas anzustossen.

5. Die Entwicklung und die täglichen Neuigkeiten rund um Covid-19 sorgen für rasantes Tempo und zwingen laufend auch zu Anpassungen von Aussagen. Gibt es in der Zwischenzeit bereits diverse Punkte aus Ihrem Bericht, die Sie anpassen oder ergänzen müssen?

Die Fragen, die bis anhin noch nicht beantwortet werden konnten, bleiben nach wie vor unklar. Für präzise Angaben ist einfach zu wenig Zeit vergangen. Die Hoffnung bleibt, dass es doch nicht so schlimm kommt, wie viele befürchtet haben. Die dringlichste Fragen sind, wann eine medikamentöse Therapie und eine Impfung zur Verfügung stehen. Was allfällige Medikamente betrifft, gibt es positive Nachrichten aus aller Welt – aber auch das wird Zeit benötigen. Schneller helfen könnte eine Antikörper-Diagnostik, welche zumindest jene identifiziert, die nicht mehr ansteckend sind, aber auch nicht mehr angesteckt werden können.

6. Einige Kommentare vermissen in Ihren Ausführungen auch Tipps im Umgang mit Covid19 und der Situation darum herum. Das Bedürfnis für Empfehlungen war in der Bevölkerung nie grösser. Können Sie da Hand bieten?

Etwas pessimistisch gesagt: da es weder Impfung noch Medikamente gibt, gelten die Empfehlungen zur Zeit der Spanischen Grippe – was natürlich nachdenklich stimmt. Immerhin: mehrere Studien bestätigen übereinstimmend, dass konsequentes Hände- Waschen mit den entsprechenden Desinfektionsmitteln, die eigentlich der Bund endlich nennen sollte, und das Tragen von N95-Masken, medizinischen Masken und auch selbst-gebastelten Masken, wenn sie aus 4 Lagen Papier oder 1 Lage Stoff bestehen, 95% bis 99% der Viren auf Oberflächen oder in der Luft blockieren können. Als wirksame Desinfektionsmittel gelten laut dem «Journal of Hospital Infection» vom 06.Februar 2020: Alkohol 62%ig bis 71%ig; Hydrogen Peroxid 0.5% oder Natrium Hypochlorite 0.1%. Ich denke, am einfachsten hält man sich an die Alkohol- Desinfektion. Und Abstandhalten gilt nach wie vor, wie zu Zeiten der Spanischen Grippe.

7. Nun hat der Bundesrat mitgeteilt, dass er (wahrscheinlich vor allem unter dem Druck der Wirtschaft) bald Lockerungen des Lockdowns formulieren will. Wie sehen Sie das Vorgehen des Bundesrates in dieser Sache?

Man wird nicht um Lockerungen herumkommen, Wirtschaft hin oder her. Das Leben soll sich ja wieder normalisieren. Bei diesem Entscheid beneide ich den Bundesrat nicht. Mathematische Modelle rechnen damit, dass die Sache bis Ende Mai nicht ohne Risiko bleiben wird. Andere Studien, wie jene vom Imperial College London oder der U.S. Regierung («U.S.-Government COVID-19 Response Plan») reden von bis zu 18 Monaten. Entscheiden kann ich das nicht. Sicher ist: jede Lockerung gleicht etwas einem Schritt ins Ungewisse, weshalb jeder Schritt mit einem exakten Monitoring verbunden sein muss. Entscheidend ist dabei, ob die Anzahl Hospitalisationen nach jedem Schritt wieder zunehmt, oder nicht. Die Anzahl positiv-getesteter Personen, welche keine Symptome haben, hilft uns in dieser Situation nicht weiter.

8. Welche Empfehlungen geben Sie dem Bundesrat aktuell?

Exakte Informationen zu geben: wer muss sich wann mit was desinfizieren! Masken tragen ja oder nein, wann und wo! Formulierung eines klaren zeitlichen Plans: was wird konkret wann gemacht. Der Bundesrat kann sich ruhig vorbehalten, bei bestimmten Umständen, z.B. einer erneuten, plötzlichen, deutlichen Zunahme der Hospitalisationen, den Kurs zu ändern. Aber die Leute, das haben mir die vielen Antworten gezeigt, erwarten einen konkreten Plan. Das Rad muss dabei nicht neu erfunden werden, man muss nur bereit sein, zu beobachten, was andere Länder tun oder getan haben.

9. Wie sehen Sie die Problematik des zivilen Ungehorsams bei doch noch sehr vielen Menschen in der Schweiz?

Ziviler Ungehorsam? Den sehe ich nicht, da sind wir weit davon entfernt. Die Leute werden wissen wollen, was passiert ist. Ob und wenn ja, was versäumt worden ist. Das ist ihr gutes Recht. Und vielleicht werden sie wissen wollen, wie in Zukunft vorgesorgt wird. Drei biologische Jahrhundert-Ereignisse (SARS, MERS, COVID-19) in nur 17 Jahren sollten Anlass genug sein, über die Bücher zu gehen. Die nächste Pandemie ist eine reale Möglichkeit. COVID-19 wurde im März 2019 als «bald» angekündigt und 9 Monate später war sie da.

10. Es kursieren weltweit Theorien und abstruse Verschwörungstheorien rund um Covid-19. Wie ordnen Sie das Phänomen ein und wie gefährlich ist es für die Gesellschaft, wenn laufend mehr und immer wieder solche Theorien verbreitet werden? Ihr persönlicher Rat im Umgang damit?

Eine gute wissenschaftliche Arbeit ist jene von Kristian Andersen im «Nature Medicine», die ich im Manuskript erwähnt hatte. Sie beschreibt, wie diese Pandemie entstanden sein könnte. Diese Forschung muss international weiter vorangetrieben werden, denn neu entstehende Viren können uns echt bedrohen. Zudem muss die Bevölkerung mehr Transparenz einfordern. Es kann nicht sein, dass Forschungsvorhaben laufen, welche die halbe Weltbevölkerung ausrotten können – egal ob rein wissenschaftlich oder nicht – ohne dass diese transparent öffentlich kontrolliert und reguliert werden.

Text und Krokodil: https://www.designers-digest.de/ohne-umwege/